Analytische und Empirische Unterschung des Intraday Strommarktes (AEIT)

Stand von Wissenschaft und Technik

Bei Antragstellung war der Stand der Wissenschaft hinsichtlich des Intraday-Marktes für Stromlieferungen in Deutschland (IDM) überschaubar. Uns war ein Arbeitspapier bekannt, in dem ein fundamentales Modell für den Preis am IDM vorgestellt wurde. Außerdem waren uns zwei veröffentlichte Papiere zum Handelsverhalten am IDM bekannt, eines mit einem Akteur ohne konventionelle Erzeugung und eines mit einem Akteur mit konventioneller Erzeugung. Die existierende Forschung zum schnellen bzw. häufigen Lösen von Differentialgleichungen, wie wir sie für das uns avisierte Handelsmodell erwartet haben, war ebenfalls sehr begrenzt. Die Forschung zur Ausgestaltung der kurzfristigen Elektrizitätsmärkte setzte zu Beginn der Projektzeit einen Schwerpunkt auf die Frage, ob das Marktdesign im innertäglichen Zeithorizont auktionsbasiert oder kontinuierlich zu gestalten ist. Mit der Einführung des X-Bid Projekts ist für den grenzüberschreitenden Stromhandel der implizite kontinuierliche Handel in der CWE Region und weiteren angrenzenden Ländern bevorzugt und in der Praxis eingeführt.

Zielsetzung

Mit dem Projekt wurde einerseits das Ziel verfolgt, bereits existierende empirische Analysen des IDM auszuweiten und neue empirische Analysen durchzuführen. Andererseits stand die Erweiterung existierender Handelsmodelle für den IDM sowie die Entwicklung neuer Handelsmodelle im Fokus. Dabei sollten auch Erkenntnisse aus der empirischen Analyse berücksichtigt werden. Bei Bedarf sollten die resultierenden Optimierungsprobleme numerisch gelöst werden. Zudem wurde das Ziel verfolgt, bestehende europäische Marktmodelle in ihrer Intraday Abbildung zu verbessern und zu erweitern sowie Analysen unterschiedlicher Marktdesignoptionen durchzuführen.

Ergebnis

Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen. Aus dem fundamentalen Preismodell leiten wir ab, dass die Preise von Viertelstundenkontrakten dazu tendieren zu einem Mittelwert zurückzukehren. Außerdem haben die Veränderungen der Preise von benachbarten Kontrakten einen hohen Erklärungsgehalt und positiven Einfluss auf einander. Der Effekt von Änderungen in der Erneuerbaren-Prognose ist asymmetrisch bzgl. der Steigung der Merit-Order-Kurve. Aus den Handelsmodellen leiten wir ab, dass sich die Zeitabhängigkeit des Bid-Ask Spreads und der Ausführungskosten auf das Handelsverhalten eines Marktteilnehmers auswirkt, der ein Stromerzeugungsportfolio bewirtschaftet. Auch das Verhalten eines Market Makers hängt erheblich vom Bid-Ask Spread ab.

Verwendet man ein detaillierteres Marktmodell als bislang in der Literatur bekannt, so ist man auf numerische Approximationen angewiesen. Diese sind potenziell hochdimensional und instabil. Wir haben ein vollständiges numerisches Lösungsverfahren konstruiert und realisiert. Echtzeitsimulationen mittels Modellreduktion sind bezüglich des Bid-Ask Spread möglich, für andere mögliche Parameter (z.B. die Penalty-Kurve) mit dem aktuellen Stand der Forschung (lineare Modellreduktion) nicht.

Die detaillierte Beschreibung von mehrdimensionalen Prognoseupdates hat in Verbindung mit einem detaillierten Fundamentalmodell des europäischen Strommarkts eine vertiefte Analyse der Auswirkungen des internationalen Intraday-Handels sowie zukünftig zu erwartender Veränderungen im Erzeugungsportfolio und in der Prognosegüte ermöglicht. Die Betrachtung der Arbitrage-Bedingungen zwischen Day-Ahead- und Intraday-Märkten hat aufgezeigt, dass die Vermarktung der Erneuerbaren Day-Ahead nicht zwangsläufig erwartungstreu erfolgen sollte. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Intraday-Vermarktung zu erheblichen Mehrwerten für die Portfoliobewirtschafter führt.

Schlussfolgerung

Aus diesen Ergebnissen lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ableiten. Modelle für den Preis am IDM, die über ein rein zufälliges Verhalten hinausgehen, haben das Potenzial einen Mehrwert zu liefern. Zeitliche Trends im Bid-Ask Spread und den Ausführungskosten sollten im Portfoliomanagement berücksichtigt werden. Hinsichtlich Bid-Ask Spread gilt das gleiche für Market Making.

Numerische Approximationsmethoden für komplexere Marktmodelle sind möglich und mit hinreichender Genauigkeit realisierbar. Echtzeitsimulationen sind für einige Marktparameter möglich, für andere sind weitere Forschungen erforderlich.

Der kontinuierliche IDM ist den Herausforderungen der Energiewende und den damit zunehmend dargebotsabhängigen Kapazitäten und ihren Prognosefehlern gewachsen. Auch durch die steigende Automatisierung steigt die Liquidität in Form von Transaktionen, Volumen und Tiefe in den temporären Orderbüchern. Die Existenz und das Wachstum dieses Marktes führt zu messbaren Mehrwerten für Handelsteilnehmer mit Risiken bzw. Flexibilitäten in ihren Portfolios.